"Wir sind gerne ein Unternehmen aus der Vor-Rhön"

Am 5. Oktober hat Dr. Hubert P. Büchs seinen 70. Geburtstag gefeiert. Im Rahmen der Feierlichkeiten stand der geschäftsführende Gesellschafter der JOPP-Gruppe für ein Gespräch über den Spagat zwischen Familienunternehmen und Global Player, Firmengeschichte und aktuelle Entwicklungen zur Verfügung.

Frage: Herr Dr. Büchs, Sie sind ein Mensch, der weit über den beruflichen Tellerrand hinausschaut. Und sicherlich geht es im Leben um mehr als nur um Erfolg im Job. Dennoch ist JOPP ein sehr großer Teil Ihres Lebens – würden Sie die Firma als Ihr Lebenswerk bezeichnen?

Dr. Hubert P. Büchs: Nein. Solche hochtrabenden Worte mag ich nicht. Ich würde sagen, ich habe die längste Zeit meines Berufslebens bei JOPP verbracht, bisher ziemlich genau 28 Jahre. So lange war ich vorher nicht bei einer Firma gewesen. Ich würde schon auch sagen, dass ich hier insgesamt gesehen am erfolgreichsten war. Aber wie gesagt, ob das dann ein Lebenswerk ist, das sollen andere beurteilen.

Dennoch beinhaltet das Wort „Werk“ ja immer auch, etwas geschaffen zu haben. Wenn man sieht wie sich JOPP in dieser Zeit entwickelt hat, zu einem Global Player geworden ist, dann ist das schon beeindruckend. Rückblickend haben Sie über Ihren Einstieg einmal gesagt: ‚Erst schießen, dann zielen‘. War ein solcher Erfolg damals abzusehen?

Dr. Büchs: Ich sollte ja eigentlich Landwirt werden. Mein Vater war strikt dagegen, dass ich etwas anderes mache. Aber ich habe in der Landwirtschaft keine große Zukunft gesehen und deswegen die technische Richtung eingeschlagen, erst einmal Maschinenschlosser gelernt. Ich war immer fasziniert von der Technik und habe mein Wissen immer weiter ausgebaut. Was daraus einmal werden würde, war so nicht zu erwarten, nein.

Dr. Büchs mit Sohn Martin Büchs.

JOPP ist bis heute ein Familienunternehmen, was sicherlich nicht mehr alltäglich ist. Ist das etwas, worauf Sie besonders stolz sind?

Dr. Büchs: Ich bin auch stolz, ja. Aber eigentlich ist es wichtig, dass ein Unternehmen überlebt. Das Unternehmen ist ja, unabhängig von seinen Geschäftsführern und Gesellschaftern, ein eigenständiges Individuum, eine juristische Person. Und an so einer juristischen Person hängen viele Leute dran. Wenn so ein Unternehmen in einen großen Konzern eingebunden wird, dann wird es oft irgendwie eingebaut, reingewurschtelt, und man erkennt es nicht mehr. Auch die Entscheidungsprozesse in einem großen Unternehmen sind nicht einfach nachzuvollziehen. Deswegen ist es aus meiner Sicht ein großer Vorteil, dass im Familienunternehmen eben eine Person vorne dran steht, die die Verantwortung und das Sagen hat.

Nämlich Sie.

Dr. Büchs: Bis dahin bin ich das noch, habe aber ja schon Anteile an meine Kinder abgegeben. Dass das noch nicht weitergegangen ist, liegt an der Gesetzgebung. Das sind gesellschafts- und steuerrechtliche Thematiken, die verhindern, dass eine solche Übergabe zügig passieren kann.

Sie kommen aus Leutershausen und damit aus unmittelbarer Nähe von Bad Neustadt. Macht es Sie auch glücklich, der Region mit der hier ansässigen Firma etwas zurückgeben zu können? Wie wichtig ist Ihnen Heimat?

Dr. Büchs: Wir haben unseren Stammsitz hier und ich bin hier geboren. Insofern sehe ich auch gewisse Verpflichtungen, hier zu bleiben und möchte auch hier bleiben. Das geht nicht nur mir so, man bleibt nun einmal gerne in der Heimat. Ich gehe davon aus, dass das in der Natur der Sache liegt. Aber man muss auch in die Welt herausgehen, weil das Geschäft es erfordert. Oder man muss ganz aufhören.

Deshalb ist JOPP heute ein global tätiges Unternehmen.

Dr. Büchs: Genau. Und ich bin nicht so gut prädestiniert wie mein Sohn Martin, ein solches Unternehmen zu führen, weil er ganz einfach von seiner Ausbildung und seinem Werdegang her etwas globaler aufgestellt ist, als ich es war. Wir müssen und wollen weltweit tätig sein, aber wir sind gerne ein Unternehmen aus der Vor-Rhön.

 

"Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir einen Weg finden werden."

 

Ein etwas unangenehmeres Thema: Die aktuelle wirtschaftliche Situation ist nicht speziell, aber auch bei JOPP angespannt. Was macht Ihnen Hoffnung, dass es schnell wieder bergauf geht?

Dr. Büchs: Im Augenblick haben wir es mit drei wesentlichen Faktoren zu tun. Wir haben technologische Veränderungen, von den Verbrennern zu anderen Fahrzeugtypen wie beispielsweise dem Elektroauto. Wir haben Egomanen auf der Welt, die keine Rücksicht mehr auf die Marktströme, die sich bis dahin entwickelt haben, nehmen und alles für sich reglementieren wollen. Und wir haben eine Rezession. Die ist übrigens überfällig gewesen, weil wir jahrelang eine Boom-Zeit hatten. Diese drei Dinge zusammengenommen machen es schwer. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir einen Weg finden werden, weil wir nicht einfach ohne Ideen in die Welt starren, sondern etwas dagegen tun. Aber es wird nicht von heute auf morgen gehen.

Als eines Ihrer persönlichen Steckenpferde gilt die E-Mobilität. Sie sind Vorsitzender des Fördervereins für die Modellstadt Elektromobilität Bad Neustadt. Ihr Sohn Martin hat jüngst zum Thema „Kann das Elektroauto das Klima retten?“ referiert. Kann es das?

Dr. Büchs: Genauso wenig wie alleine das herkömmliche Auto das Klima verpestet, kann alleine das Elektroauto das Klima retten. Natürlich gehe ich davon aus, dass die Wissenschaftler, die sich seit Jahrzehnten damit beschäftigen schon damit Recht haben, dass die Erderwärmung zum großen Teil menschengemacht ist. Andere Leute, und die haben auch nicht ganz Unrecht, sagen, vor 20.000 Jahren haben wir eine Eiszeit gehabt und schon seitdem geht das Eis zurück – und das wird es auch weiterhin. Wir müssen schon darauf achten, dass der CO²-Gehalt nicht zu hoch wird. Elektromobilität ist ein Mosaikstein dazu, aber nicht die komplette Lösung. Wir müssen schon ein bisschen mehr tun.

Dieses Jahr haben nicht nur Sie, sondern auch Ihr Unternehmen einen runden Geburtstag gefeiert. JOPP ist jetzt 100 Jahre alt. Ist die Firma denn auch für das nächste Jahrhundert gut aufgestellt?

Dr. Büchs: Also wenn ich mit Tiefe die Technologie meine und mit Breite die globale Abdeckung, dann würde ich sagen, wir sind in beiden Bereichen gut aufgestellt. Wir haben ja heute nicht mehr nur eine Technologie. JOPP war vor 30 Jahren ein reiner Drehteilehersteller. Das haben wir verändert und sind viel breiter aufgestellt. So können wir auch einmal leichter ausgleichen. Wo genau es entlang geht, wissen wir noch nicht. Aber wir haben uns verschiedene Spielfelder herausgesucht, für die wir ausgerüstet sind und die auch in Zukunft gebraucht werden. Wir haben das natürlich nicht alleine erkannt. Aber wir vertrauen auf unsere Leistungs- und Innovationsfähigkeit, damit wir einen großen Teil des Kuchens abbekommen können.

Sie haben augenzwinkernd einmal gesagt, gerne für JOPP da sein zu wollen, bis Sie 100 Jahre alt sind. Im Ernst: Wird der Ruhestand mit jetzt 70 Jahren nicht irgendwann einmal verlockender?

Dr. Büchs: Er hat ja schon angefangen. Von 14 oder 16 Stunden bin ich ja schon auf fünf, sechs täglich zurück. Das wird weiter so erfolgen. Je nachdem, wie die Dinge sich ergeben. Aber ich will auch nicht ganz untätig sein.

Zur Person
Hubert Peter Büchs kam am 5. Oktober 1949 in Leutershausen zur Welt und absolvierte ab 1963 zunächst eine landwirtschaftliche Lehre im elterlichen Betrieb. Nach seiner zweiten Lehre zum Maschinenschlosser studierte er Maschinenbau in Schweinfurt und schließlich Fertigungstechnik an der Technischen Universität Berlin. Über Arbeitsstellen bei Preh und FAG übernahm Dr. Büchs 1991 mehrheitlich die Firma JOPP und hat das Unternehmen seitdem zu einem Global Player ausgebaut. Seither ist er als geschäftsführender Gesellschafter tätig. Hubert P. Büchs ist seit 1985 mit Christa Büchs verheiratet und hat vier Kinder. Als Ausgleich zum Berufsleben geht der 70-Jährige gerne Wandern, Rad- oder Skifahren, Golfen und Fußball spielen.